“In der Kunst gibt es subjektiv und objektiv“, hat Rolando Villazon jüngst in einem Interview mit dem Magazin der „Süddeutschen“ gesagt. „Ich kann eine Inszenierung sehen und ganz objektiv denken: Alle wissen, was zu machen ist, die Idee ist gut entwickelt, alles in Ordnung – aber subjektiv denke ich: Es ist schrecklich, ich mag es nicht.“ Damit bringt der mexikanische Tenor das Dilemma auf den Punkt, in dem sich Kritiker:innen ständig befinden. Sie erzählen eigentlich nur von ihren privaten Empfindungen, die Texte lesen sich aber so, als wären sie die Sprecher:innen aller, die an diesem Abend mit im Saal saßen.

Doch Rolando Villazon wäre nicht der Sänger mit dem sonnigsten Gemüt in der Klassikszene, wenn er nicht gleich auch die Lösung des Problems anzubieten hätte: „Das Beste ist, denke ich, in die Oper zu gehen und nach dem Guten zu suchen.“ Fangen wir also mit Señor Villazon an: Der singt zum Start des neuen „Ring des Nibelungen“ an der Berliner Staatsoper den Feuergott Loge im „Rheingold“. Allein diese Besetzung ist schon ein echter Coup, ausgedacht von Daniel Barenboim, dem Musikchef des Hauses, der sich Richard Wagners monumentale Musiktheater-Tetralogie eigentlich zum 80. Geburtstag schenken wollte, dann aber krankheitsbedingt das Dirigat abgeben musste.

Barenboim gehörte zu den Mentoren des jungen Villazon, er hat ihn oft an sein Haus geholt und ihn nun auch zum Debüt im Wagner-Fach überredet. In dem gelben Cordanzug mit Schlaghosen, den Kostümbildnerin Elena Zaytseva ihm zugedacht hat, sieht er fantastisch aus. Villazon kann so einen Look tragen, zu dem natürlich auch Seventies-Brille, dicke Koteletten und ein weißer Unterziehrolli gehören.

Er macht ein paar Clowns-Mätzchen, die sich vermutlich nicht Regisseur Dmitri Tcherniakov ausgedacht hat; und er klingt unverkennbar nach Villazon, nach einem Tenor also, der in seiner Karriere vor allem italienisches Repertoire gesungen hat. Das gefällt nicht jedem im Publikum, obwohl seine Aussprache der Wagnerschen Stabreime mustergültig ist.”

Tagesspiegel

“Dieser Loge wird von dem als Sänger schon länger und gern totgesagten Rolando Villazón gezeigt, als Narr nämlich, der aber als Einziger begreift, was Sache ist. Villazóns Loge ist ein Gesamtkunstwerk. Es ist hinreißend komisch, wie er seinen selbstgefällig eitlen Chef immer tiefer in den Schlamassel zieht.”

Süddeutsche Zeitung